Bereits vorletzte Woche Freitag überraschte der Zahlungsabwickler Wirecard die Anleger mit der Meldung, dass der Vorstand aufgrund der anhaltenden (und massiven Kritik) umgebaut werden soll. Einer der Auslöser dürften dabei auch die Ergebnisse des Prüfberichts durch die Wirtschaftsprüfer von KPMG gewesen sein, die nach Meinung von Wirecard den Konzern entlasten, was die meisten Anleger aber anders sehen.
Konnten die Aktien vorletzten Freitag nach dem angekündigten Vorstandsumbau kurzfristig kräftig zulegen und sich vom Kursturz aus den vorangegangenen Tagen (140 Euro bis auf 83 Euro nach Vorlage des Sonderprüfungsberichtes) wenigstens ein klein wenig bis auf 96 Euro erholen, so bietet sich den Anlegern diesen Freitag genau das entgegengesetzte Bild.
Wieder ist es eine am späten Freitagnachmittag abgesetzte Meldung, die den Kurs der Wirecard-Aktie kräftig bewegt. Allerdings, und das dürfte diesmal wieder für große Enttäuschung bei den zuletzt arg gebeutelten Aktionären führen, geht es in die entgegengesetzte Richtung. Wirecard-Aktien, die bereits in der zweiten Wochenhälfte den Großteil der Gewinne vom Wochenstart wieder abgegeben haben und auf 84 Euro abgerutscht sind, brechen am Freitag ab 15 Uhr kräftig ein und rutschen im Tagestief knapp 14 Prozent bis auf 72 Euro ab. Trotz kleiner Erholung in den letzten Handelsminuten beenden die Papiere den Handelstag mit einem kräftigen Minus von 7,6 Prozent bei 77 Euro. Seit den ca. 140 Euro vor noch nicht einmal drei Wochen haben die Aktien damit bereits gut 45 Prozent an Wert verloren!
Ausgelöst wurde der neuerliche Kurssturz, mit dem gleichzeitig ein neues Jahrestief erreicht wurde und der Kurs nun sogar unter dem bisherigen Tief aus dem Höhepunkt der Coronakrise Mitte März liegt, von der Meldung, dass der in Dubai ansässige Geschäftspartner Al Alam wegen eines Reputationsschadens seine Gesellschaft Al Alam Solutions FZ LLS schließt und damit auf die öffentliche Infragestellung seiner Integrität reagiert. Wirecard wickelt über solche Drittpartner einen Teil seiner Geschäfte in Ländern ab, wo man selbst nicht tätig werden kann.
Zwar betont Wirecard, dass dem Konzern dadurch keine Beeinträchtigungen bei der Geschäftsabwicklung entstehen. Aber es lenkt den Blick der Anleger wieder auf eben jenes Geschäfts mit Drittpartnern, das in den letzten Jahren regelmäßig Angriffsziel bei Vorwürfen über unsaubere Geschäftspraktiken und Umsatzverbuchungen war und dessen Umsatzbuchungen durch die Prüfer von KPMG nach deren Angaben auch „in ihrer Höhe und Existenz weder bestätigt werden können, noch Wirecard Fehler in der Buchhaltung nachgewiesen werden konnten“.
Es bleibt also alles beim Alten, Prüfbericht hin oder her: Die offenen Flanken aus den Drittgeschäften, früher bereits Schwachpunkt und Angriffsziel, gibt es nach wie vor. Das öffnet Angreifern weiterhin die Möglichkeit, mit Vorwürfen gegen das Unternehmen zu schießen und Shortsellern, an fallenden Kursen zu verdienen.
Für die Anleger bleibt weiter die seit Jahren bestehende Situation der Verunsicherung, was an den Vorwürfen dran ist und was nicht. Im Ergebnis bleibt ein extrem schwankender Kurs eines eigentlich dynamisch wachsenden Unternehmens, der immer weiter einbricht und damit inzwischen auch charttechnisch ein ziemlich trauriges Bild bietet. Droht nun – wie zuletzt ebenfalls mehrfach berichtet – tatsächlich auch ein DAX-Rauswurf, könnte die Abwärtsdynamik weiter anhalten. Es braucht inzwischen ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen und den Kurs zumindest zu stabilisieren. Damit verbunden sein könnte dabei auch, dass man bei der Zusammensetzung des Managements nochmal ganz anders denken muss…
Wie es auch kommt, es muss viel passieren! Und es dürfte weiterhin sehr spannend bleiben. Als Anleger sollte man weiter mit heftigen Schwankungen rechnen und aktuell nicht alles Pulver verschießen!
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