Gestern erst verkündetet der angeschlagene Industrie- und Stahlkonzern Thyssenkrupp mit Bernhard Osburg die Ernennung eines neuen Chefs für die Stahlsparte Thyssenkrupp Steel Europe zum Monatsende,heute bereits zeigt sich, vor was für einer Mammutaufgabe er steht. Denn Thyssenkrupp hat heute Zahlen für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2019/2020 vorgelegt und rutscht immer tiefer in die roten Zahlen ab. Wobei besonders die Stahlsparte weiter extrem schwach peformed.
Quartalsverlust im dreistelligen Millionen-Bereich
Auf Konzernebene rutschte der Nettofehlbetrag auf 372 Millionen Euro ab, nachdem im vergleichbaren Vorjahresquartal tatsächlich noch ein Gewinn von 60 Mio. Euro erzielt werden konnte. Geschuldet ist die Entwicklung nach Konzernangaben vor allem der laufenden Umstrukturierung im Konzern (die gefühlt inzwischen schon Jahrzehnte dauert), höheren Zinsaufwendungen für den immensen Schuldenberg von inzwischen rund 7 Mrd. Euro Nettofinanzschulden sowie Aufwendungen für den geplanten Verkauf des Aufzugsgeschäfts.
Kaum ein Analyst hat mit einem derartigen Schuldenberg für das abgeschlossene Quartal gerechnet.
Auch die Entwicklung des vor Zinsen und Steuern erzielten – und bereits um Sondereffekte bereinigten – Gewinns (EBIT) fällt wenig berauschend aus. Im Vorjahr lag das Quartals-EBIT noch bei 217 Mio. Euro und schrumpfte jetzt auf nur noch 50 Mio. Euro. Alleine die Stahlsparte trug mit einem kräftigen Fehlbetrag von 164 Mio. Euro zum kräftigen Rückgang bei. Glücklicherweise gibt es ja „noch“ das Aufzugsgeschäft, das einen Ergebnisbeitrag von 228 Mio. Euro zum EBIT lieferte. Man darf sich schon auf zukünftige Quartalszahlen „freuen“, sollte das Aufzugsgeschäft – wie geplant – dann verkauft sein und sich Thyssenkrupp nur noch auf das Stahlgeschäft konzentrieren.
Da scheinen grad zukunftsweisende Entscheidungen im Management getroffen zu werden: Weg mit dem, was läuft, Konzentration auf die krassen Verlustbringer.
Zumindest beim Umsatz ein kleiner Hoffnungsschimmer, der immerhin um ein Prozent auf 9,7 Mrd. Euro gesteigert werden konnte. Aber was nützt der größte Umsatz, wenn mit jedem Umsatz-Euro auch der Verlust steigt. Vermutlich wird als Kennzahl die Umsatz-Marge kurzfristig mal ausgeblendet. Früher bei den Wachstumswerten am Neuen Markt hatte das mal eine Zeit lang funktioniert…
Erwartungsgemäß unzufrieden zeigt sich auch die neue Chefin von Thyssenkrupp, Frau Martina Merz. Ist aber gleichzeitig der Meinung, mit der geplanten Strategie hin zur Konzentration auf die offensichtlich schwache Stahlsparte und dem Verkauf des größten Ergebnislieferanten Aufzugssparte auf dem richtigen Weg zu sein.
Thyssenkrupp-Aktie verliert weiter
Die Aktionäre von Thyssenkrupp sehen das offenbar ganz anders. Der frühere DAX- und aktuelle MDAX-Wert verliert heute zum Handelsstart 1,3 Prozent auf 10,98 Euro. Auf Sicht von 12 Monaten summieren sich die Kursverluste damit auf 22 Prozent, innerhalb der letzten fünf Jahre auf inzwischen mehr als 50! Prozent. Und seit den Höchstkursen aus dem Jahr 2008 bei knapp 47 Euro haben sich die Aktien sogar um mehr als 75 Prozent verbilligt.
Ein klareres Votum, was die Anleger von den Entscheidungen des regelmäßig wechselnden Managements von Thyssenkrupp halten, kann es kaum geben.
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