Die kleine Hoffnung vom letzten Freitag auf eine mögliche Stabilisierung am Aktienmarkt währte nur kurz. Denn obwohl weltweit die Regierungen mit Notmaßnahmen Milliarden von Euros und Dollars an Hilfsgeldern bereitstellen, das öffentliche Leben durch drastische Maßnahmen zum Erliegen kommt und die Notenbanken Liquidität nie gekannten Ausmaßes in die Märkte pumpen: Das Virus siegt. Genauer gesagt, die Viren siegen, denn neben dem Coronavirus grassiert nun auch das Panikvirus am Markt und sorgt für neue Kurseinbrüche.
Gestern hat die US-Notenbank FED in einem historischen Schritt den Leitzins über Nacht um einen Prozentpunkt auf quasi Null gesenkt, zudem sollen fast eine Billion USD in den Markt gepumpt werden. Aber angesichts der rasanten Verbreitung des Virus im „Epizentrum“ Europa und dem nicht abzuschätzenden Impact auf die Volkswirtschaften brechen die Börsen weltweit weiter ein. Zumal viele Marktteilnehmer die drastische Leitzinssenkung als Warnsignal deuten, dass es zwischen den Banken zu Liquiditätsproblemen kommen könnte. Auch ein „Austrocknen des Geldmarktes„, wie in der Finanzkrise 2008 gesehen, wird als realistisches Szenario angenommen.
Der DAX beginnt die neue Handelswoche mit einem Kursrutsch um weitere zehn Prozent auf 8.320 Punkte. Charttechnisch werden beim Absturz auf das Niveau von 2014 so ziemlich alle wichtigen Widerstände auf der Unterseite gerissen. Die nächste wichtige Marke ist jetzt der Bereich um 8.000 Punkte, der allerdings nicht mehr allzeit entfernt liegt. Die „noch fehlenden“ 300 Punkte sind bei der aktuellen Marktlage in wenigen Minuten erreicht. Und ein Boden ist bislang nicht in Sicht.
Extrem schwach dürften heute auch die US-Börsen eröffnen, nachdem der Dow Jones in einer Bärenrallye letzten Freitag sogar 10 Prozent auf 23.185 Punkte zulegen konnte. Blickt man auf die aktuelle Indikation beim Dow Jones, dann droht zum Handelsstart ein Sturz um bis mehr als 2.300 Zähler auf unter 20.900 Punkte.
Kräftig abwärts geht es heute auch in der zweiten Reihe. Der MDAX rutscht zehn Prozent auf 18.187 Punkte ab und fällt damit sogar wieder unter die erstmals Anfang 2015 verkommene 20.000er Marke. Der TecDAX bricht neun Prozent auf 2.150 Punkte ein, der SDAX rutscht fast elf Prozent auf 7.991 Punkte ab.
Infineon
Als schwächster DAX-Wert rutschen Aktien des Chipherstellers Infineon fast 20 Prozent ab. Da nützt heute auch die Nachricht nicht viel, dass Infineon bei der Übernahme des US-Konkurrenten Cypress weiter vorangekommen ist und nur noch die Zustimmung der chinesischen Behörden fehlt. Aktuell trennen sich Anleger vor allem von zyklischen Unternehmen, die unter einem wirtschaftlichen Abschwung besonders leiden, und deshalb fliegen Infineon-Aktien aus den Depots.
Infineon-Aktien verlieren 17,8 Prozent auf 11,57 Euro.
Fraport
Schlusslicht im MDAX sind heute Aktien des Flughafenbetreibers Fraport, die über 20 Prozent verlieren. Der Flugverkehr ist inzwischen maximal eingeschränkt, immer mehr Länder verhängen Einreisebeschränkungen. Wie lange die Situation so bleibt, ist nicht abschätzbar, dürfte aber mindestens die nächsten vier Wochen so bleiben bzw. sich weiter verschlechtern.
Fraport-Aktien fallen 20,8 Prozent auf 29,03 Euro.
Salzgitter
Aktien des Stahlkonzerns Salzgitter brechen heute weitere rund 10 Prozent ein und „schaffen“ es damit – wie bizarr – sogar in die obere Hälfte des SDAX. Der Konzern hat heute Zahlen vorgelegt und ist wegen hoher Restrukturierungskosten im letzten Jahr in die roten Zahlen gerutscht. Nach 278 Mio. Euro Gewinn im Jahr 2018 musste 2019 ein Fehlbetrag von 273 Mio. Euro verbucht werden. Und auch der Umsatz ging aufgrund der schwachen Stahlnachfrage um fast acht Prozent auf 8,55 Mrd. Euro zurück. Die Dividende wird deshalb von 0,55 Euro auf 0,20 Euro gekürzt.
Salzgitter-Aktien geben aktuell 10,2 Prozent auf 8,02 Euro nach.
Drägerwerk
Die Bundesregierung hat beim Medizintechnik-Spezialisten Drägerwerk weitere 10.000 Beatmungsgeräte bestellt, die dort jetzt unter Hochdruck hergestellt werden. Zudem teilte Drägerwerk kürzlich mit, dass auch die Produktion von Atemschutzmasken an der Kapazitätsgrenze läuft.
Die Anleger stürzen sich auf Aktien von Drägerwerk, die springen heute 18,9 Prozent auf 69,05 Euro und sind damit der aktuell einige Wert in DAX, MDAX, TecDAX und SDAX mit positivem Vorzeichen.
Geratherm
Noch stärker als Drägerwerk legen heute die Aktien des bislang nur Insidern bekannten Medizintechnik-Unternehmens Geratherm Medical zu, die heute in der Spitzen über 30 Prozent zulegen konnten. Geratherm stellt u.a. Fiebermessgeräte und Geräte für die Lunkenfunktionsprüfung her. Also alles Gerätschaften, die in der Coronavirus-Krise reißenden Absatz finden. Und Geratherm-Chef Dr. Gert Frank stellt klar, dass man derzeit lieferfähig sei, auch wenn ein Teil der Produkte in China produziert werden.
Die Anleger stürzen sich auf Geratherm-Aktien, die immer nochmit 10,90 Euro rund 29 Prozent im Plus liegen.
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