Die Anleger geben sich weiter der Panik hin, kaufen Mehl, Nudeln, Atemschutzmasken und Klopapier. Und um das alles zu finanzieren, trennen sie sich von ihren Aktien. Man könnte meinen, jeder mit dem Coronavirus Infizierte müsste binnen kürzester Zeit den Löffel abgeben. Das bislang trotz 500 Infizierter in Deutschland noch kein einziger daran gestorben ist, geht in der Hysterie völlig unter.
Und je größer die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Personen, desto niedriger die Aktienkurse: Auf diese einfache Formel lassen sich inzwischen die letzten Tage zusammenfassen. Und da heute vor dem Handelsstart ein erneut starker Anstieg von Infizierten aus Italien und Frankreich gemeldet wurde, sacken die europäischen Börsen weiter kräftig ab. Ganz schwache Vorgaben aus den USA und Asien erledigen den Rest.
Der Dow Jones war gestern erneut um knapp 1.000 Punkte bis auf 26.121 Punkte abgesackt, heute vorbörslich setzt sich der Kurseinbruch fort und der Der Dow Jones verliert weitere 600 Punkte auf 25.400 Zähler. In Kürze (14.30 Uhr MEZ) stehen mit den US-Arbeitsmarktdaten die wichtigsten Konjunkturdaten des Monats auf dem Programm. Man darf gespannt sein, wie sich diese auf den weiteren Kursverlauf auswirken werden.
Weiter im Blickpunkt auch der Ölpreis. Am Nachmittag setzt die OPEC ihre Tagung in Wien fort und dürfte nach Ansicht vieler Beobachter eine deutliche Kürzung der Fördermenge beschließen. Der Ölpreis war zuletzt aufgrund der Sorgen um die Weltkonjunktur ebenfalls kräftig in die Knie gegangen.
All die vorgenannten Punkte sind aktuell nicht unbedingt für eine Stabilisierung der Lage geeignet. Und so ist es wenig verwunderlich, dass der DAX weitere 3,5 Prozent auf 11.534 Punkte abrutscht. Auch beim Rest geht es weiter in den Keller. Der MDAX verliert 3,8 Prozent auf 24.714 Punkte, der TecDAX 3,4 Prozent auf 2.812 Punkte und der SDAX 1,3 Prozent auf 11.002 Punkte.
Besonders im Blickpunkt der Anleger stehen heute die Aktien von Infineon, Cypress, der Commerzbank, Thyssenkrupp, CTS Eventim und Drägerwerk.
Infineon / Cypress
Kräftige Verluste erleiden heute die Aktien des Chipherstellers Infineon. Und ja, daran ist heute nicht (ausschließlich) das Coronavirus schuld. Denn wie mit der Sache vertraute Personen berichten, könnte die im Juni letzten Jahres angekündigte 9 Milliarden USD schwere Übernahme des US-Konkurrenten Cypress Semiconductor am Widerstand von Mitarbeiter der zuständigen Wettbewerbsbehörde scheitern. Die (Mitarbeiter) hätten wohl US-Präsident Trump eingeimpft, dass die Übernahme eine „Gefahr für die nationale Sicherheit der USA“ sein.
Tja, und bei „USA first“ dürften sich die Chancen von Infineon, den Deal wie geplant bis April 2020 über die Bühne zu kriegen, erheblich verschlechtert haben. Sehen heute offenbar auch viele Anleger so, Infineon-Aktien verlieren knapp fünf Prozent auf 16,95 Euro.
Noch schlechter ergeht es den Aktien von Cypress Semiconductor, die gestern an der Nasdaq mehr als 17 Prozent auf 19,18 USD einbrachen.
Commerzbank
Echte Feierlaune dürfte bei der Commerzbank nicht aufkommen, auch wenn die Bank letzte Woche ihren 150ten Geburtstag feiern konnte. Denn mit dem Gesamtmarkt brechen auch die Aktien weiter kräftig ein. So kräftig, das heute sogar ein neues Rekordtief erreicht wurde. Die Anleger sorgen sich zunehmend, dass die kleine Erholung der letzten Monate bereits wieder im Keim erstickt werden könnte. Denn mit den sich verschlechternden Konkunkturaussichten durch die Coronakrise erhöht sich auch die Ausfallwahrscheinlichkeit von vergebenen Krediten. Zudem dürfte die Ankündigung der Notenbanken, die Zinsen noch weiter zu senken, im aktuellen Negativumfeld das Geschäft auf der Zinsseite noch weiter lähmen.
Dementsprechend negativ bewerten Anleger die Aussichten für die Commerzbank, deren Aktien um weitere sieben Prozent auf 4,30 Euro einbrechen.
Thyssenkrupp
Gute Nachrichten, die in normalen Zeiten für deutsche Kurszuwächse gesorgt hatten, nützen aktuell nicht mehr viel. Es sei denn, man verkauft Atemschutzmasken oder Klopapier.
Das bekommt heute auch der Industrie- und Stahlkonzern Thyssenkrupp zu spüren. Denn nach dem jüngst erfolgreich abgeschlossenen Verkauf der Aufzugspart für 17 Mrd. Euro meldet Thyssenkurpp heute, dass man in Brasilien einen neuen Großauftrag gewinnen konnte. Zusammen mit lokalen Partnern sollen für die brasilianische Marine vier Korvetten gebaut und zwischen 2025 und 2028 ausgeliefert werden. Der Auftrag könnte eine Größenordnung von rund 1,7 Mrd. Euro haben, der Großteil davon an Thyssenkrupp gehen.
Nützt alles nichts: Thyssenkrupp-Aktien rauschen heute weitere 6,2 Prozent auf 6,80 Euro ab.
CTS Eventim
Es geht immer noch schlimmer. Momentan jedenfalls beim Konzertveranstalter und Ticketverkäufer CTS Eventim. Niemand will mehr aus dem Haus, also auch nicht auf Konzerte oder andere Großveranstaltungen. Dumm nur, dass das genau das Geschäft von CTS Eventim ist. Und deshalb ist die bange Frage der Anleger: Wenn ein Konzert nach dem anderen abgesagt wird, wie wird die Bilanz im ersten Quartal bei CTS ausfallen? Und wie die fürs zweite, dritte oder vierte Quartal? Und dann ist da noch das Gesamtjahr?
Zu welchem Ergebnis die Anleger dabei kommen, zeigt der Aktienkurs von CTS Eventim. Denn nachdem die Papiere heute weitere 7,7 Prozent auf 41,98 Euro fallen, summieren sich die Kursverluste seit letzte Woche Montag (da ging alles erst so richtig los) bereits auf rund 30 Prozent! Autsch.
Drägerwerk
Ehre, wem Ehre gebührt. Auch wenn beim Medizintechnik-Spezialisten Drägerwerk keine Nachrichten vorliegen, ist Drägerwerk aktuell der EINZIGE Wert aus DAX, MDAX, TecDAX und SDAX, der NICHT im Minus notiert.
Die Anleger setzten weiter auf die starke Nachfrage nach Atemschutzmasken, die Drägerwerk herstellt. Auch wenn das Unternehmen zuletzt mitteilte, dass man an der Kapazitätsobergrenze arbeite und nicht mehr produzieren könne.
Ist den Anlegern egal. Wenn ich schon keine Atemschutzmaske mehr im Laden krieg, dann kaufe ich zumindest die Aktien des Herstellers. Einschneidende Logik, die Drägerwerk-Aktien bislang einen Tagesgewinn von 2,4 Prozent auf 55,05 Euro beschert.
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Bild von Gerd Altmann auf Pixabay